Weihnachten wird hier folgendermaßen gefeiert:
Am frühen Weihnachtsmorgen lässt man einen Löffel fallen. Und zwar genau so, dass er in den schmalen Spalt zwischen Wand und Fußboden rutscht. [Ich weiß jetzt nicht, wie das in anderen englischen Haushalten zelebriert wird, aber hier bei uns in Bankfield Mill, macht man das genau so.]
Dann holt man eine Taschenlampe und freut sich, dass man den Löffel noch sehen kann.
Bis hierhin ist ja alles ganz einfach, man sucht sich einen Spalt und kling, weg ist der Löffel. Und hier im Studio gibt es genug Spalten. Es gibt Spalten und Löcher und Ritzen und Fugen in der Decke, in Wänden und im Fußboden. Und wo ein Stückchen Sockelleiste fehlt, da gibt es eben auch Spalten zwischen Wand und Fußboden.
Bis hierher also alles ganz einfach.
Und dann fängt der Spaß erst richtig an. Als nächstes überlegt man nämlich, was man so alles tun kann um den Löffel wieder herauszubekommen.
Also holt man einen Magnet und weil der Löffel aber nicht magnetisch ist holt man dann Paketklebeband, dass man mit der Klebeseite nach außen um den Magneten wickelt, der an einem Stab befestigt ist. Und dann hofft man den Löffel so da herauszubekommen.
Weil dort unten aber nicht nur der Löffel, sondern auch Wolle liegt ist das Klebeband bald nicht mehr klebrig, sondern fusselig und dieser erste Versuch scheitert.
Aber dann ist man nicht etwa enttäuscht, nein! Dann freut man sich noch mehr, weil man ja dann gleich das Werkzeug benutzen kann, das einem der Weihnachtsmann heute morgen gebracht hat! (Ja, er hat's geschafft. Die Sachen für John hab ich zwar versteckt, aber meine Werkzeugkiste muss vom Weihnachtsmann gebracht worden sein.)
Jedenfalls benutzt man dann die Zangen und formt eine Drahtschlinge und hofft den Löffel so herauszubekommen.
Aber nichts, der Löffel scheint irgendwie eingeklemmt.
Der Stiel lässt sich ein paar Millimeter nach rechts schieben aber im Grunde bleibt der Löffel wo er war. Kapp 30 Zentimeter unter dem Fußboden.
Also muss der Fußboden weg. Mit einem "let's lift some floorboards" verschwindet John in der Werkstatt und kommt mit einem Stemmeisen und einem breiten Grinsen zurück.
Und noch bevor ich protestieren kann rutscht er die Waschmaschine beiseite und macht sich ans Werk. Ein lautes Krachen, und zersplittertes Holz, dann ein leises plätschern. Beim verrutschen der Waschmaschine hat sich ein Schlauch gelöst. Das Wasser ist schnell abgestellt und die Pfütze aufgewischt.
John setzt das Stemmeisen ein zweites Mal an, aber das Fußbodenbrett lässt sich nicht so einfach lösen. Kein Wunder, steht ja auch die Spüle darauf.
Na gut, dann bleibt der Löffel eben wo er ist. Wir waren zum Essen eingeladen, und ich wusste nicht, ob die in Leeds auch erst Löffel fallen lassen, oder ob die dort etwas andere Weihnachtsbräuche haben.* "It's time to go!" sage ich.
"It's time for power tools" sagt John und holt eine Kreissäge. Er kommt mit einem noch breiteren Grinsen zurück und in sekundenschnelle ist das Brett durchgesägt und hochgehoben und der Löffel befreit. 3 Minuten später ist dann auch das Brett wieder festgenagelt, der Spalt mit einer Leiste verschlossen und die Waschmaschine steht wieder wo sie war. Und John stahlt über das ganze Gesicht, fast so als ob heute Weihnachten wär.
*Weihnachten in Leeds: Mittlerweile weiß ich, wie in Leeds Weihnachten gefeiert wird: In Leeds lassen sie keine Löffel fallen, dafür lassen sie schwule, spanische Veganer in ihrer Küche ein phantastisches, veganes, mexikanisches Weihnachtsessen zubereiten.
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